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Maternalismus: Maternalismus ist eine gesellschaftspolitische Ideologie, die sich für ein staatliches oder gesellschaftliches Engagement für das soziale Wohlergehen einsetzt und dabei oft mütterliche oder fürsorgliche Qualitäten in der Politik betont. Sie fördert politische Maßnahmen zur Unterstützung des Wohlergehens von Einzelpersonen und Familien, einschließlich Gesundheitsfürsorge, Bildung und Arbeitsreformen, basierend auf der Idee einer fürsorglichen, schützenden Rolle, ähnlich der einer Mutter in einer Familie. Siehe auch Paternalismus, Feminismus, Wohlfahrtsstaat, Gesundheitssystem, Familie, Arbeit, Gleichberechtigung.

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Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen. Sie sollen lediglich den Zugang zu den unten angefügten Quellen erleichtern. - Lexikon der Argumente.

 
Autor Begriff Zusammenfassung/Zitate Quellen

Politische Theorien über Maternalismus - Lexikon der Argumente

Gaus I 282
Maternalismus/Politische Theorien/Mottier: "Maternalistische" Denker lehnen auch den liberalen vertraglichen Begriff der Staatsbürgerschaft ab. Sie legen den Schwerpunkt auf die relationale Dimension des gesellschaftlichen Lebens.
Ethik: In Anlehnung an die Arbeiten von Nancy Chodorow (1978)(1) und Carol Gilligan (1982)(2) argumentieren Maternalisten, dass die Privatsphäre, insbesondere die Familie, von einer relationalen Moral, einer "Ethik der Fürsorge", die in den mütterlichen Aktivitäten verankert ist, beherrscht wird.
Kapazitäten: Wie Sara Ruddick (1980)(3) argumentiert, haben Frauen, die Mütter sind, Fähigkeiten, Werte und moralische Urteile entwickelt, die sowohl wenig anerkannt sind als auch im Gegensatz zur vorherrschenden bürokratischen und technologischen Rationalität der modernen öffentlichen Sphäre stehen.
>Fähigkeiten
.
Nach Ansicht von Mütterrechtlerinnen bringen Frauen diese relationalen Fähigkeiten, einschließlich des Respekts für andere und der Sorge um ihr Wohlergehen, in die öffentliche Sphäre ein. Sie bringen auch einen anderen Gebrauch von Macht mit sich, da das Ziel der Ethik der Fürsorge darin besteht, andere zu ermächtigen, und nicht, sie zu kontrollieren.
Öffentliche Sphäre: Die öffentliche Sphäre wird im Gegenteil von einer maskulinistischen, auf individuellen Rechten beruhenden Gerechtigkeitsethik regiert.
>Öffentlichkeit, >Gerechtigkeit.
Ethik der Fürsorge: Für mütterliche Theoretikerinnen ist die Ethik der Fürsorge den individualistischen Werten, die die öffentliche Sphäre beherrschen, moralisch überlegen. Sie sehen in der Ethik der Fürsorge für die Privatsphäre eine mögliche Quelle für ein Überdenken sowohl der Moral im öffentlichen Raum als auch des Modells der liberalen Bürgerschaft. Folglich plädieren Maternalismus-Theoretiker wie Ruddick (1980;(3) 1989(4)) und Elshtain (1982)(5) für eine Integration relationaler Fähigkeiten wie Zuhörfähigkeiten, Emotionen und das Erkennen der Bedürfnisse und Verletzlichkeit anderer als Grundlage für demokratische Überlegungen in die öffentliche Sphäre (Ruddick, 1980;(3) 1989(4); Elshtain, 1982(5); Held, 1990(6)).
Gesellschaft: Die Erfahrungen von Frauen aus dem privaten Bereich werden somit als normatives Modell für das Verhalten im öffentlichen Raum genommen, wo die Fähigkeiten von Frauen zur Liebe und Fürsorge für andere als Vorbild, dem andere nacheifern können, und als mögliche Grundlage für die öffentliche Moral angesehen werden. Elshtain (1982)(5) fordert einen "sozialen Feminismus" als Alternative zu der "amoralischen Staatskunst" des modernen bürokratischen Staates.
>Bürokratie.
Probleme: In ihrer kritischen Entwicklung der mütterlichen Theorie teilt Selma Sevenhuijsen (1998(7): 20) diese Betonung der Neubewertung von Fürsorgeaktivitäten. Sie betont jedoch, dass soziale Praktiken der Fürsorge nicht immer aus würdigen Motiven entspringen, sondern auch von dem Wunsch nach Kontrolle über andere oder von "christlicher Schuld" getrieben sein können. Wie Sevenhuijsen hervorhebt, können "schlechte" Motive zu "guter" Fürsorge führen, während ein "gutes" Motiv, wie die Aufmerksamkeit gegenüber Verletzlichkeit, keine Garantie für gute Fürsorge ist, sondern zu Paternalismus oder unangemessenem Schutz führen kann.
>Maternalismus/MacKinnon, >Maternalismus/Dietz.

1. Chodorow, Nancy (1978) The Reproduction of Mothering. Berkeley, CA: University of California Press.
2. Gilligan, Carol (1982) In a Different Voice: Psychological Theory and Woman's Development. Cambridge, MA: Harvard Umversity Press.
3. Ruddick, Sara (1980) 'Maternal thinking'. Feminist Studies, 6 (Summer): 342—67.
4. Ruddick, Sara (1989) Maternal Thinking: Towards a Politics of Peace. Boston: Beacon.
5. Elshtain, Jean Bethke (1982) 'Antigone's daughters'. Democracy in the world, 2:48-59.
6. Held, Virginia (1990) 'Mothering versus contract'. In Jane Mansbridge, ed., Beyond Self-Interest. University of Chicago Press, 288-304.
7. Sevenhuijsen, Selma (1998) Citizenship and the Ethics of Care: Feminist Considerations on Justice, Morality and Politics. London: Routledge.

Véronique Mottier 2004. „Feminism and Gender Theory: The Return of the State“. In: Gaus, Gerald F. & Kukathas, Chandran 2004. Handbook of Political Theory. SAGE Publications

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Zeichenerklärung: Römische Ziffern geben die Quelle an, arabische Ziffern die Seitenzahl. Die entsprechenden Titel sind rechts unter Metadaten angegeben. ((s)…): Kommentar des Einsenders. Übersetzungen: Lexikon der Argumente
Der Hinweis [Begriff/Autor], [Autor1]Vs[Autor2] bzw. [Autor]Vs[Begriff] bzw. "Problem:"/"Lösung", "alt:"/"neu:" und "These:" ist eine Hinzufügung des Lexikons der Argumente.
Politische Theorien

Gaus I
Gerald F. Gaus
Chandran Kukathas
Handbook of Political Theory London 2004

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